Was ist ein Trauma?

Versagt unsere natürliche Fähigkeit, nach belastenden Ereignissen wieder ins innere Gleichgewicht zu kommen, erfahren wir eine tiefgreifende Verletzung. Die emotionalen und körperlichen Symptome einer Traumatisierung sind die Folge von pathogenen Erinnerungen, die den menschlichen Organismus ganzheitlich und dauerhaft belasten. Aus Furcht vor den Symptomen vermeidet der betroffene Mensch anschließend unbewusst Situationen, die ihn an das auslösende Ereignis erinnern könnten.

Neurobiologisches Modell der Entstehung von Trauma

Nach der EMDR-Methode entsteht ein Trauma aus pathogenen Erinnerungen (Adaptive Information Processing Modell, Shapiro 2012). Diese Erinnerungen führen zu Symptomen, weil sie durch das Gehirn nicht zu Ende verarbeitet wurden und in dieser unverarbeiteten Form abgespeichert wurden.

Wie eine normale, vollständige Verarbeitung einer Erfahrung im Gehirn geschieht:

Eine vollständige Verarbeitung einer Erfahrung durch die beiden Gedächtnissysteme der Amygdala und des Hippocampus würde so aussehen: Die Amygdala speichert die emotionalen Anteile der Erfahrung, der Hippocampus speichert die kognitiven Anteile davon (z.B. wo und wann hat die Erfahrung stattgefunden). Beide Gedächtnisinhalte werden korrekt verknüpft und die Erfahrung kann bei der Verarbeitung im Broca-Zentrum bei Bedarf auch über die Sprache mitgeteilt werden.

Wie dagegen eine unvollständige Verarbeitung einer schockierenden Erfahrung im Gehirn geschieht:

Eine unvollständige Verarbeitung geschieht als Folge eines Schocks oder einer andauernden schweren Belastung des Menschen, die sein Gehirn nicht integrieren kann, weil sie als lebensbedrohlich empfunden wird. Die traumatische Verarbeitung bedeutet, dass die Gedächtnisinhalte der Amygdala und des Hippocampus nicht verknüpft werden können und die Erfahrung oft nicht in Worte gefasst werden kann, weil die Funktion des Broca-Zentrums für die Verarbeitung von Sprache in diesem Fall beeinträchtigt ist. Das Ergebnis ist eine pathogene Erinnerung.

Folgen der unvollständigen, traumatischen Verarbeitung:

Für den betroffenen Menschen bedeutet die Traumatisierung Dauerstress, eine Art Dauer-Alarmzustand, auch Hypersensitivität. Die bzw. der Betroffene reagiert ab sofort auf Trigger (Auslösereize), die an die damalige Situation erinnern mit den Emotionen, die damals während der traumatischen Erfahrung empfunden wurden, auch wenn in der aktuellen Realität keine Bedrohungssituation besteht.

Die EMDR-Methode zielt darauf ab, pathogene Erinnerungen nachzuverarbeiten, so dass sie keine Belastung mehr darstellen, weil sie zu normalen Erinnerungen verarbeitet werden konnten. Die Erinnerungen sind nach wie vor da, sie haben aber ihren Schrecken verloren. Dies klingt völlig unglaubwürdig, ist aber klinische Erfahrung.